Cochlea-Implantat (CI-System): Unterschied zwischen den Versionen

Aus Hör-Wiki
(→‎Aufbau und Funktionsweise: leichte Umstrukturierung)
(Bilder hinzugefügt, leicht umstrukturiert)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:CI-System.png|mini|250px|alternativtext=Grafische Darstellung eines implantierten CI-Systems am Kopf|Bild: © MED-EL]]
Das '''Cochlea-Implantat''' (CI) ist eine chirurgisch implantierte Neuroprothese, die Menschen mit schwerem Hörverlust dabei unterstützen kann, Schall und Sprache wahrzunehmen, indem der Hörnerv direkt stimuliert wird.<ref>{{Internetquelle|url=https://www.cochlear.com/de/de/home/diagnosis-and-treatment/how-cochlear-solutions-work/cochlear-implants/how-cochlear-implants-work|titel=So funktionieren Cochlea-Implantate, So sorgen Cochlea-Implantate für einen klareren Klang|autor=Cochlear Limited|abruf=2023-12-07}}</ref> Der Begriff wird meist für das gesamte '''CI-System''' verwendet, das neben dem eigentlichen [[Entwicklung:Implantat|Implantat]] auch den [[Sprachprozessor|CI-Sprachprozessor]] beinhaltet.  
Das '''Cochlea-Implantat''' (CI) ist eine chirurgisch implantierte Neuroprothese, die Menschen mit schwerem Hörverlust dabei unterstützen kann, Schall und Sprache wahrzunehmen, indem der Hörnerv direkt stimuliert wird.<ref>{{Internetquelle|url=https://www.cochlear.com/de/de/home/diagnosis-and-treatment/how-cochlear-solutions-work/cochlear-implants/how-cochlear-implants-work|titel=So funktionieren Cochlea-Implantate, So sorgen Cochlea-Implantate für einen klareren Klang|autor=Cochlear Limited|abruf=2023-12-07}}</ref> Der Begriff wird meist für das gesamte '''CI-System''' verwendet, das neben dem eigentlichen [[Entwicklung:Implantat|Implantat]] auch den [[Sprachprozessor|CI-Sprachprozessor]] beinhaltet.  


== Typen von CI-Hörsystemen ==
Es gibt zwei verschiedene Typen von CI-Hörsystemen (meist als CI bezeichnet):
* Systeme mit HdO-Prozessor: Der [[Sprachprozessor]] wird hinter dem Ohr und der separate Überträger seitlich oben am Kopf getragen
* Single-Unit-Prozessor: Dieser wird frei vom Ohr seitlich oben am Kopf getragen und beinhaltet den Prozessor und den Überträger in einem Gerät.
<gallery>
HdO-Prozessor.jpg|120px|HdO-Prozessor
SingleUnitProzessor_amKopf.jpg|120px|Single-Unit-Prozessor
</gallery>
== Aufbau und Funktionsweise ==
== Aufbau und Funktionsweise ==
[[Datei:CI-System.png|mini|200px|alternativtext=Grafische Darstellung eines implantierten CI-Systems mit HdO-Prozessor am Kopf|Bild: © MED-EL]]
Ein CI-Hörsystem besteht aus inneren (implantierten) und äußeren Bestandteilen (außerhalb des Schädels getragen).
Ein CI-Hörsystem besteht aus inneren (implantierten) und äußeren Bestandteilen (außerhalb des Schädels getragen).


Zeile 12: Zeile 20:
* Sendespule zur Übertragung des Schalls an das Implantat. Sie empfängt die Signale vom [[Sprachprozessor]] und leitet sie drahtlos an das Implantat weiter.
* Sendespule zur Übertragung des Schalls an das Implantat. Sie empfängt die Signale vom [[Sprachprozessor]] und leitet sie drahtlos an das Implantat weiter.
* Magnet zum Halten der Sendespule (HdO-Prozessor) bzw. des Single-Unit-Prozessors am Kopf
* Magnet zum Halten der Sendespule (HdO-Prozessor) bzw. des Single-Unit-Prozessors am Kopf
== Typen von CI-Hörsystemen ==
Es gibt zwei verschiedene Typen von CI-Hörsystemen (meist als CI bezeichnet):
* Systeme mit HdO-Prozessor: Der [[Sprachprozessor]] wird hinter dem Ohr und der separate Überträger seitlich oben am Kopf getragen
* Single-Unit-Prozessor: Dieser wird frei vom Ohr seitlich oben am Kopf getragen und beinhaltet den Prozessor und den Überträger in einem Gerät.


== Implantierung ==
== Implantierung ==
Zeile 22: Zeile 25:


== Anwendungsgebiete ==
== Anwendungsgebiete ==
Cochlea-Implantate (CIs) gelten als eine der effektivsten neuralen Prothesen und kommen zum Einsatz, sobald das stärkste auf dem Markt verfügbare Hörgerät beim Patienten keine ausreichende Abhilfe mehr im Hörverständnis erzielen kann. Mit Hilfe von verschiedenen Therapien kann ein Cochlea-Implantat zu einem verbesserten Sprachverständnis sowohl in ruhiger Umgebung als auch in lauter Umgebung führen. Seit den Anfängen der Implantation in den 1970er und 1980er Jahren hat sich das Sprachverständnis über ein Implantat kontinuierlich verbessert. Bis 2023 haben Schätzungen zufolge in Deutschland mehr als 50.000 Menschen mit schwerem bis hochgradigem Hörverlust ein CI erhalten, um einen Teil ihres Hörvermögens wiederherzustellen<ref>{{Internetquelle|autor=Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag|titel=Aktuelle statistische Daten zu Cochlea-Implantaten|abruf=2024-01-13|url=https://www.bundestag.de/resource/blob/909018/7a57be6e6721ed9c032d73839a698213/WD-9-046-22-pdf-data.pdf}}
Cochlea-Implantate (CIs) gelten als eine der effektivsten neuralen Prothesen und kommen zum Einsatz, sobald das stärkste auf dem Markt verfügbare Hörgerät beim Patienten keine ausreichende Abhilfe mehr im Hörverständnis erzielen kann. Mit Hilfe von verschiedenen Therapien kann ein Cochlea-Implantat zu einem verbesserten Sprachverständnis sowohl in ruhiger Umgebung als auch in lauter Umgebung führen. Seit den Anfängen der Implantation in den 1970er und 1980er Jahren hat sich das Sprachverständnis über ein Implantat kontinuierlich verbessert. Bis 2023 haben Schätzungen zufolge in Deutschland mehr als 50.000 Menschen mit schwerem bis hochgradigem Hörverlust ein CI erhalten, um einen Teil ihres Hörvermögens wiederherzustellen<ref>{{Internetquelle|autor=Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag|titel=Aktuelle statistische Daten zu Cochlea-Implantaten|abruf=2024-01-13|url=https://www.bundestag.de/resource/blob/909018/7a57be6e6721ed9c032d73839a698213/WD-9-046-22-pdf-data.pdf}}</ref>.  
 
</ref>.  


Es gibt große Unterschiede in der individuellen Wirksamkeit eines CI-Hörsystems. Während einige Patienten eine deutliche Verbesserung ihres funktionellen Hörvermögens erfahren, profitieren andere nur in begrenztem Maße von CIs. Faktoren wie das Implantationsalter, bei Kindern die Beteiligung und Kenntnis über CIs der Eltern, die Dauer und Ursache des Hörverlusts, die Positionierung des Implantats in der Cochlea, der allgemeine Gesundheitszustand des Hörnervs sowie individuelle Fähigkeiten des Wiederlernens werden als Einflussfaktoren für das gewonnene Hörvermögen betrachtet.
Es gibt große Unterschiede in der individuellen Wirksamkeit eines CI-Hörsystems. Während einige Patienten eine deutliche Verbesserung ihres funktionellen Hörvermögens erfahren, profitieren andere nur in begrenztem Maße von CIs. Faktoren wie das Implantationsalter, bei Kindern die Beteiligung und Kenntnis über CIs der Eltern, die Dauer und Ursache des Hörverlusts, die Positionierung des Implantats in der Cochlea, der allgemeine Gesundheitszustand des Hörnervs sowie individuelle Fähigkeiten des Wiederlernens werden als Einflussfaktoren für das gewonnene Hörvermögen betrachtet.

Version vom 14. Januar 2024, 11:07 Uhr

Das Cochlea-Implantat (CI) ist eine chirurgisch implantierte Neuroprothese, die Menschen mit schwerem Hörverlust dabei unterstützen kann, Schall und Sprache wahrzunehmen, indem der Hörnerv direkt stimuliert wird.[1] Der Begriff wird meist für das gesamte CI-System verwendet, das neben dem eigentlichen Implantat auch den CI-Sprachprozessor beinhaltet.

Typen von CI-Hörsystemen

Es gibt zwei verschiedene Typen von CI-Hörsystemen (meist als CI bezeichnet):

  • Systeme mit HdO-Prozessor: Der Sprachprozessor wird hinter dem Ohr und der separate Überträger seitlich oben am Kopf getragen
  • Single-Unit-Prozessor: Dieser wird frei vom Ohr seitlich oben am Kopf getragen und beinhaltet den Prozessor und den Überträger in einem Gerät.

Aufbau und Funktionsweise

Grafische Darstellung eines implantierten CI-Systems mit HdO-Prozessor am Kopf
Bild: © MED-EL

Ein CI-Hörsystem besteht aus inneren (implantierten) und äußeren Bestandteilen (außerhalb des Schädels getragen).

Innere Bestandteile:

  • Implantat. Dieses sitzt unter der Kopfhaut und besteht aus einer Spule zum Empfangen der Signale vom Sprachprozessor sowie Elektronik zum Verarbeiten der Signale. Des weiteren gehört dazu ein fadenartig aufgebauter Elektrodenträger, welcher fest in der Hörschnecke (Cochlea) verankert ist

Äußere Bestandteile

  • Mikrofone zur Aufnahme des Schalls (meist Teil des Sprachprozessors)
  • Abnehm- und austauschbarer Sprachprozessor (je nach Hersteller auch Klangprozessor, Audioprozessor oder Soundprozessor genannt). Dieser wandelt den Schall in digitale Signale um und leitet sie über die Sendespule an das Implantat weiter[2]
  • Sendespule zur Übertragung des Schalls an das Implantat. Sie empfängt die Signale vom Sprachprozessor und leitet sie drahtlos an das Implantat weiter.
  • Magnet zum Halten der Sendespule (HdO-Prozessor) bzw. des Single-Unit-Prozessors am Kopf

Implantierung

Der chirurgische Eingriff wird unter Vollnarkose durchgeführt. Bei der Operation wird der Elektrodenträger in die Hörschnecke eingesetzt und ein elektrischer Stimulator mit Empfangsspule und Magnetverbindung hinter der Ohrmuschel im Schädelknochen platziert.[3]

Anwendungsgebiete

Cochlea-Implantate (CIs) gelten als eine der effektivsten neuralen Prothesen und kommen zum Einsatz, sobald das stärkste auf dem Markt verfügbare Hörgerät beim Patienten keine ausreichende Abhilfe mehr im Hörverständnis erzielen kann. Mit Hilfe von verschiedenen Therapien kann ein Cochlea-Implantat zu einem verbesserten Sprachverständnis sowohl in ruhiger Umgebung als auch in lauter Umgebung führen. Seit den Anfängen der Implantation in den 1970er und 1980er Jahren hat sich das Sprachverständnis über ein Implantat kontinuierlich verbessert. Bis 2023 haben Schätzungen zufolge in Deutschland mehr als 50.000 Menschen mit schwerem bis hochgradigem Hörverlust ein CI erhalten, um einen Teil ihres Hörvermögens wiederherzustellen[4].

Es gibt große Unterschiede in der individuellen Wirksamkeit eines CI-Hörsystems. Während einige Patienten eine deutliche Verbesserung ihres funktionellen Hörvermögens erfahren, profitieren andere nur in begrenztem Maße von CIs. Faktoren wie das Implantationsalter, bei Kindern die Beteiligung und Kenntnis über CIs der Eltern, die Dauer und Ursache des Hörverlusts, die Positionierung des Implantats in der Cochlea, der allgemeine Gesundheitszustand des Hörnervs sowie individuelle Fähigkeiten des Wiederlernens werden als Einflussfaktoren für das gewonnene Hörvermögen betrachtet.

Vorraussetzungen für ein CI

Ausnahmen für den Einsatz eines CIs liegen vor, wenn Fehlbildungen der Cochlea, des Hörnervs oder der Hörbahn existieren, die eine elektrische Stimulation ausschließen. Bevor die Entscheidung für ein CI fällt, muss daher geprüft werden, ob sowohl das Innenohr (Cochlea) als auch der Hörnerv vorhanden sind und funktionieren. Der Hörnerv muss in gutem Zustand sein und ordnungsgemäß arbeiten. Andernfalls könnte der Hörnerv keine Signale übertragen, und die Informationen könnten nicht zum Gehirn gelangen, wo sie verarbeitet werden.

Wissenswertes

Seit den frühen 1980er Jahren wurden über 30 verschiedene Arten von CI entwickelt.[5]

Jedes Jahr erhalten in Deutschland ungefähr 5.000 Menschen ein Cochlea-Implantat.[6]

Weitere Forschung

Optisches CI

Derzeit werden zwei Methoden der optischen Stimulation untersucht, die Optogenetik und die Infrarot-Neurale Stimulation (INS).[7]

Vollständig implantierbares CI-System (TICI)

Derzeit wird auch an einem vollständig implatierbaren CI-System geforscht. Dieses integriert die internen und externen Komponenten eines Cochlea-Implantats in ein System und wird unsichtbar unter die Haut eingesetzt. Die erste Implantation erfolgte 2020.<ref>autor=LMU Klinikum

Literatur

  • Wiebke Rötz, Bodo Bertram: Cochlea Implantat bei Erwachsenen. Versorgung und Rehabilitation in der Logopädie und Sprachtherapie. Springer-Verlag 2022, ISBN 978-3-662-65201-5.
  • Sandra DeSaSouza: Cochlear Implants. Springer Singapore 2022, ISBN 978-981-19-0451-6. (englisch)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Cochlear Limited: So funktionieren Cochlea-Implantate, So sorgen Cochlea-Implantate für einen klareren Klang; https://www.cochlear.com/de/de/home/diagnosis-and-treatment/how-cochlear-solutions-work/cochlear-implants/how-cochlear-implants-work, letzter Abruf: 2023-12-07
  2. Zeng FG, Rebscher S, Harrison W, Sun X, Feng H. Cochlear implants: system design, integration, and evaluation. IEEE Rev Biomed Eng. 2008;1:115-42. doi: 10.1109/RBME.2008.2008250. Epub 2008 Nov 5. PMID: 19946565; PMCID: PMC2782849.
  3. Uniklinikum Würzburg: Cochlea-Implantate: Operation und Erstanpassung; https://www.ukw.de/hno-klinik/schwerpunkte/hoerzentrum-chc/cochlea-implantate-ci/ci-operation-und-erstanpassung/, letzter Abruf: 2023-12-01
  4. Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag: Aktuelle statistische Daten zu Cochlea-Implantaten; https://www.bundestag.de/resource/blob/909018/7a57be6e6721ed9c032d73839a698213/WD-9-046-22-pdf-data.pdf, letzter Abruf: 2024-01-13
  5. Joachim M. Müller, Franz Schön, Stephan Brill und Jan Helms: Rückkehr in die Welt der Töne; https://www.hoereltern.de/cms/fileadmin/PDF/a/ci_rueckkehr_in_die_welt_der_toene.pdf, Pflegezeitschrift 5/2004, S. 322
  6. Norddeutscher Rundfunk: Cochlea-Implantat: Hörimplantat verbessert Lebensqualität; https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Cochlea-Implantat-Hoerimplantat-verbessert-Lebensqualitaet,cochleaimplantat114.html, letzter Abruf: 2023-12-01
  7. Max-Planck-Gesellschaft: Licht geht ins Ohr; https://www.mpg.de/19707452/optische-cochlea-implantate, letzter Abruf: 2023-12-01