Alarmierung bei Hörschädigung und Gehörlosigkeit

In der Regel wird vor Gefahren mit akustischen und optischen Signalen gewarnt. Da Töne von schwerhörigen und gehörlosen Menschen aber nicht gehört werden können, gibt es spezialisierte technische Systeme, die eine Alarmierung im Notfall statt durch akustische durch visuelle, taktile oder digitale Signale auslösen.

Einsatzorte

Alarmierungssysteme für schwerhörige und gehörlose Personen kommen in folgenden Bereichen zum Einsatz:

• Privatwohnungen: Türklingel, Telefon, Rauchmelder, Babyphone, Wecker ...
• Arbeitsplatz und öffentliche Gebäude: Brandmeldeanlagen, Evakuierungssysteme. Hier müssen akustische Signale bzw. Informationen gemäß dem „Zwei-Sinne-Prinzip“ über mindestens zwei Sinne vermittelt werden, also z.B. optisch und per Vibration
• Hotels und Beherbergungsbetriebe: Spezielle Reisesets, mobile Pager/Uhren für Gäste
• Aufzüge: Visuelle Notrufsysteme

Arten der Alarmierung

Die wichtigsten Arten der Alarmierung für gehörlose und schwerhörige Personen sind optische Signale (Lichtsignalanlagen) und taktile Signale (Vibrationsgeräte wie Vibrationskissen). Viele moderne Systeme kombinieren mehrere Signalarten: Licht, Vibration, Textanzeige und auf Wunsch auch laute verstärkte Tonsignale für Menschen mit Resthörvermögen. Die Signalgebung sollte nach dem Zwei-Sinne-Prinzip erfolgen, also immer mindestens über zwei unterschiedliche Wahrnehmungskanäle (z.B. Sehen und Tasten).

Lichtsignalanlagen/optische Signalgeber

Im privaten Bereich nutzen optische Signalgeber (Lichtsignalanlagen) helle Lichtblitze (meist in Form von Blitzlampen, Lichtweckern oder Rundumleuchten), um auf Gefahren wie Feuer, Rauch, klingelnde Telefone oder Türklingeln aufmerksam zu machen. Unterschiedliche Farben oder Blinkmuster können verschiedene Ereignisse signalisieren, etwa Rot für Feueralarm. Moderne Anlagen lassen sich oft mit weiteren Komponenten wie Vibrationsgebern kombinieren.

Viele Alarmanlagen und Brandmeldeanlagen im öffentlichen Bereich oder in Unternehmen sind mit Blitzleuchten oder anderen starken Lichtsignalen ausgestattet, die bei Auslösung des Alarms deutlich sichtbar warnen.

Taktile Alarmierungssysteme

Vibrierende Alarme von Vibrationsgebern sorgen besonders im Schlaf oder in Situationen, in denen optische Signale übersehen werden könnten, eine zusätzliche Sicherheit. Sie alarmieren gehörlose Personen durch starke Vibrationen:

• Vibrationsbett
• Vibrationskissen
• Vibrationsgeber wie sie in speziellen Pager-Geräten, Uhren oder mobilen Endgeräten verbaut sind.

Für ein zuverlässiges Wecken spielen die Platzierung des Vibrationsgebers, die Art der Vibration sowie das Körpergewicht der Person eine Rolle.

Alarmierung in Gefahrensituationen

Gefahrensituationen, in denen eine Alarmierung notwendig ist, sind zum Beispiel Brände/Rauchentwicklung zuhause oder im Hotel oder auch Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Stürme. Die folgenden Abschnitte beschreiben Beispiele, wie hörgeschädigte Personen in diesen Situationen alarmiert werden können.

Rauchmelder für zuhause

Spezielle Rauchmelder für Gehörlose sind mit Blitzlichtmodulen und oft auch mit Vibrationskissen für den Einsatz im Schlaf ausgestattet. Bei Auslösung des Alarms werden Licht- und Vibrationssignale aktiviert.

Brandmeldeanlagen in öffentlichen Gebäuden, Hotels etc.

Für den Einsatz in öffentlichen Gebäuden, Hotels oder Arbeitsstätten kommen genormte optische Alarmsysteme (Visual Alarm Devices = VADs) zum Einsatz, die speziell für die optische Alarmierung entwickelt wurden und der sofortigen visuellen Warnung dienen. Sie geben starke Lichtblitze ab und müssen so installiert werden, dass sie im direkten Sichtfeld der betroffenen Personen liegen. Die Signalwirkung kann durch reflektierende Oberflächen oder gezielte Platzierung verstärkt werden.

Notrufsysteme in Aufzügen

Für Aufzüge gibt es visuelle Notrufsysteme mit Touchscreen-Bedienung. Im Notfall kann die eingeschlossene Person über vorgegebene Frage-Antwort-Dialoge mit der Notrufzentrale kommunizieren, falls eine sprachbasierte Verständigung nicht möglich ist.

Pager, Uhren und mobile Empfänger in Unternehmen, öffentlichen Gebäuden oder Hotels

Gehörlose Personen können spezielle Pager oder Uhren tragen, die bei Alarm durch Vibration und/oder ein optisches Signal (z.B. Display mit Text wie „Feueralarm“) warnen. Die speziellen Pager oder auf dem Mobilfunkstandard GSM basierenden Geräte empfangen Alarme von Brandmeldeanlagen oder über das Internet und zeigen diese als Textmeldung an. Die Geräte sind mobil und können überallhin mitgenommen werden, was besonders in Unternehmen oder bei Übernachtungsgästen praktisch ist.

Die Alarmierung kann sowohl automatisch (z. B. bei Feueralarm) als auch manuell (z.B. vom Katastrophenschutz) ausgelöst werden. Die Rückmeldung über das Mobilgerät ist möglich, sodass die Leitstelle erkennt, ob die Warnung empfangen wurde.

In größeren Gebäuden und Unternehmen kommen zum Teil auch Messenger-Evakuierungssysteme zum Einsatz. Diese informieren gehörlose Personen gezielt über die Art der Gefahr (z.B. Feuer, Gas, Chemieunfall) und geben Anweisungen zur Evakuierung.

Die Systeme können Einzelpersonen oder ganze Gruppen alarmieren und sind mit anderen Sicherheitsanlagen vernetzt.

Digitale (mobile) Alarmierung

Es gibt Systeme, die Notfallmeldungen direkt auf das Mobiltelefon senden. Diese nutzen Vibrationsalarme und Textnachrichten, um auf den Notfall aufmerksam zu machen. Möchte man durch solche Nachrichten geweckt werden, kann man zum Beispiel einen Vibrationssignalempfänger an das Mobiltelefon anlegen und mit einem Blitzlichtwecker verbinden.

Warnsysteme über Radio

Moderne DAB+-Radios mit Emergency Warning Functionality (EWF) können im Notfall automatisch Warnmeldungen anzeigen, auch wenn das Gerät im Standby-Modus ist. Die Warnungen erscheinen als Text auf dem Display und sind unabhängig vom Internet oder Mobilfunknetz.

Funkbasierte Alarmsysteme

Viele Systeme arbeiten mit Funkverbindungen: Ein zentrales Alarmsystem steuert über Funk Empfänger (wie z. B. die oben genannten Pager), die Lichtsignale, Vibrationen oder Textnachrichten ausgeben . Besonders für größere Gebäude oder Unternehmen sind solche Systeme sinnvoll, da sie eine flächendeckende Alarmierung ermöglichen.

Wirksamkeit

Wichtig für die Wirksamkeit von Alarmsystemen ist eine regelmäßige Wartung. Des Weiteren muss den Betroffenen die Bedeutung der jeweiligen Signale bekannt sein, damit im Ernstfall richtig reagiert wird. Die Installation sollte so erfolgen, dass die Signale an allen relevanten Orten wahrgenommen werden können.

Darüber hinaus ist eine Kombination von unterschiedlichen Signalen am effektivsten. Laut einer Studie, die im amerikanischen „Ear and Hearing Journal” veröffentlicht wurde, sind Stroboskoplichter (Blitzlichter) alleine bei weitem nicht so effektiv wie eine Kombination aus Lichtsignal und Vibrationsgerät. In der Studie wurden die Weck-Effektivität von Rauchmeldern mit akustischen Signalen, Blitzlicht (Strobe lights) und taktilen Signalen (Bett- und Kopfkissen-Vibrationsgeräte) an Erwachsenen mit Hörminderung verglichen. Das zentrale Ergebnis war, dass Stroboskoplichter (Blitzlichter) alleine bei weitem nicht so effektiv waren: Nur 27% der Probanden wachten durch das Lichtsignal auf (selbst bei intensitätsstarken Stroboskopen), während Vibrationsgeräte 80–84% der Teilnehmer weckten. Am wirksamsten war jedoch ein spezieller tieftoniger akustischer Rauchmelder, gefolgt von Vibrationssystemen. Die Studie schlussfolgert, dass kombinierte Systeme (z.B. Akustik plus Vibration oder Licht plus Vibration) wesentlich verlässlichere Ergebnisse erzielen als reine Lichtsignale.

Weblinks

• hörkomm.de: Alarmierungstechnik für Menschen mit Hörverlust
• Signalanlagen für Hörgeschädigte – das können sie
• Anwendungsleitfaden Optische Signalgeber
• rauchmelder-lebensretter.de: Rauchmelder für Gehörlose
• Bericht über Doppelwarnsystem im Schuhvertrieb