Cochlea-Implantat (CI-System): Unterschied zwischen den Versionen

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=== Was ist ein Cochlea-Implantat? ===
Das '''Cochlea-Implantat''' (CI) ist eine chirurgisch implantierte Neuroprothese, die Menschen mit schwerem Hörverlust dabei unterstützen kann, Schall und Sprache wahrzunehmen, indem der Hörnerv direkt stimuliert wird.<ref name="Cochlear-How"/> Der Begriff wird meist für das gesamte '''CI-System''' verwendet, das neben dem eigentlichen [[Implantat]] auch den [[Sprachprozessor|CI-Sprachprozessor]] beinhaltet.  
Das '''Cochlea Implantat''' ist eine künstliche Innenohrprothese. <br>
Das [[allgemeine Begriffe/Glossar#Cochlea|Cochlea]]-Implantat gibt hörgeschädigten Personen, die Möglichkeit (wieder) zu hören.  


=== Aufbau eines Cochlea-Implantates ===  
== Typen von CI-Hörsystemen ==
Es gibt zwei verschiedene Typen von CI-Hörsystemen (meist als CI bezeichnet):
* Systeme mit HdO-Prozessor: Der [[Sprachprozessor]] wird hinter dem Ohr und der separate Überträger seitlich oben am Kopf getragen
* Single-Unit-Prozessor: Dieser wird frei vom Ohr seitlich oben am Kopf getragen und beinhaltet Prozessor, Überträger, Magnet und Akku in einem Gerät.
<gallery>
HdO-Prozessor.jpg|120px|HdO-Prozessor
SingleUnitProzessor_amKopf.jpg|120px|Single-Unit-Prozessor
</gallery>


Das Cochlea-Implantat besteht dabei aus zwei Teilen, wovon ein Teil, der [[allgemeine Begriffe/Glossar#Elektroden|Elektrodenträger]]  
== Aufbau und Funktionsweise ==
in die namensgebende [[Gehörschnecke]] (lateinisch: Cochlea) im Rahmen einer Operation unter Vollnarkose am Kopf implantiert wird.<br>
[[Datei:CI-System.png|mini|200px|alternativtext=Grafische Darstellung eines implantierten CI-Systems mit HdO-Prozessor am Kopf|Bild: © MED-EL]]
Durch das Cochlea-Implantat können Beeinträchtigungen im Mittel- oder Innenohr behoben werden.  
Ein CI-Hörsystem besteht aus inneren (implantierten) und äußeren Bestandteilen (außerhalb des Schädels getragen).
Voraussetzung ist hierbei jedoch unter anderem, dass der Hörnerv intakt ist.  
=== Innere Bestandteile (Implantat) ===
Das [[Implantat]] sitzt unter der Kopfhaut und besteht aus folgenden Komponenten:
* Spule zum Empfangen der Signale vom Sprachprozessor (Empfänger)
* Magnet
* Elektronik zum Verarbeiten der Signale
* Fadenartig aufgebauter Elektrodenträger, der fest in der Hörschnecke (Cochlea) verankert ist
=== Äußere Bestandteile ===
<ul>
<li>'''Mikrofone''' zur Aufnahme des Schalls<br>
Diese nehmen den Schall auf und wandeln ihn in elektrische Signale um. Je nach Hersteller unterscheiden sich Anzahl und Anordnung der Mikrofone. Es gibt unter anderem folgende Varianten, die meist auch kombiniert sind:
<ul>
<li>Mikrofon am Überträger</li>
<li>Mikrofon(e) auf dem Sprachprozessor</li>
<li>Mikrofon in der Ohrmuschel</li></ul>
Die vorhandenen Mikrofone können in der Regel per Fernsteuerung einzeln zu- und abgeschaltet werden.</li>
<li>'''Sprachprozessor''' zur Verarbeitung der Schallsignale<br>
Der [[Sprachprozessor (SP)]] analysiert die von den Mikrofonen aufgenommenen Signale (Frequenzanaylse) und verarbeitet sie. Er filtert zum Beispiel auch Hintergrundgeräusche heraus. Er wandelt die elektrischen Signale in digitale Signale um, die der Empfänger im [[Implantat]] verstehen kann und leitet sie über die Sendespule an diesen weiter. Es gibt auch eine hybride Variante, diese kombiniert die elektrische Stimulation mit der Hörgeräte-Funktion: [[EAS (Elektro-Akustische Stimulation)]].<ref name="Zeng_SysDesign"/></li>
<li>'''Sendespule''' zur Übertragung des Signals an das Implantat<br>
Die Sendespule (auch Überträger genannt) empfängt die Signale vom Sprachprozessor und leitet sie drahtlos durch die Haut an das Implantat weiter. Die Sendespule befindet sich in einer Überträgereinheit (Headpiece, Kopfteil, Spulenträger), die per Magnet am Kopf gehalten wird. </li>
<li>'''Magnet''' zum Halten des Prozessors am Kopf<br>
Der Magnet sitzt in der Überträgereinheit (auch Headpiece oder Kopfstück genannt) und hält die Sendespule (beim HdO-Prozessor) bzw. den Single-Unit-Prozessor am Kopf gegenüber dem implantierten Magneten.</li>
<li>Kabel zur Verbindung zwischen Sprachprozessor und Sendespule (HdO-Prozessor)<br>
Bei einem hinter dem Ohr getragenen Sprachprozessor werden die Signale über ein Kabel an die Sendespule in der magnetisch gehaltenen Überträgereinheit geleitet.</li>
<li>Stromversorgungseinheit<br>
Die Stromversorgung des CI-Hörsystems erfolgt über Akkus oder Einwegbatterien. Diese werden beim HdO-Prozessor als Akkueinheit oder in einem Batteriefach an den Sprachprozessor angedockt. Beim Single-Unit-Prozessor ist der Akku meist fest verbaut.</li>
<li>Steuerelemente zum Bedienen des Prozessors<br>
Einige Modelle enthalten Steuerelemente, mit denen die CI-Tragenden Einstellungen wie Lautstärke oder Klangprogramme anpassen können. Diese Steuerelemente befinden sich am Sprachprozessor.</li>Anzeigeelemente<br>
Anzeige-LEDs befinden sich ebenfalls am Sprachprozessor. Diese zeigen beispielsweise Folgendes an:<ul><li>Bestätigung von Schaltvorgängen (Ein-/Aus, Programmwahl)</li>
<li>Niedriger Akku-/Batteriestand</li></ul></ul>


'''* [[allgemeine Begriffe/Glossar#Elektroden|Elektrodenträger]] mit Magnet
== Implantierung ==
* Sendespule mit Magnet
Die [[Implantat#Implantierung|Implantierung]] ist ein chirurgischer Eingriff und wird unter Vollnarkose durchgeführt. Bei der Operation wird der Elektrodenträger in die Hörschnecke eingesetzt und ein elektrischer Stimulator mit Empfangsspule und Magnetverbindung hinter der Ohrmuschel im Schädelknochen platziert.<ref name="OP-Erstanpassung" />
* (Sound-/Sprach-)Prozessor'''


Zusätzlich zu dem "eigentlichen" Implantat erhalten die CI-Träger Zubehöre als technische Ausstattung. <br>
== Anwendungsgebiete ==
Diese unterscheiden sich von Hersteller zu Hersteller.
Cochlea-Implantate (CIs) gelten als eine der effektivsten [[Glossar#neural|neuralen]] Prothesen und kommen zum Einsatz, sobald das stärkste auf dem Markt verfügbare Hörgerät beim Patienten keine ausreichende Abhilfe mehr im Hörverständnis erzielen kann. Mit Hilfe von verschiedenen Therapien kann ein Cochlea-Implantat zu einem verbesserten Sprachverständnis sowohl in ruhiger Umgebung als auch in lauter Umgebung führen. Seit den Anfängen der Implantation in den 1970er und 1980er Jahren hat sich das Sprachverständnis über ein Implantat kontinuierlich verbessert. Bis 2023 haben Schätzungen zufolge in Deutschland mehr als 50.000 Menschen mit schwerem bis hochgradigem Hörverlust ein CI erhalten, um einen Teil ihres Hörvermögens wiederherzustellen<ref name="Statistik" />.  
Einen Überblick über die jeweiligen Zubehöre finden sie [[CI Zubehör|hier]] <br>
Cochlea Implantante zählen in Deutschland zu den Medizinprodukten und müssen daher entsprechende Zertifizierungen aufweisen.
Inzwischen gibt es in Deutschland über 80 Kliniken, die eine Implantation durchführen.


=== Wer ist berechtigt ein Cochlea-Implantat zu erhalten? ===
Es gibt große Unterschiede in der individuellen Wirksamkeit eines CI-Hörsystems. Während einige Patienten eine deutliche Verbesserung ihres funktionellen Hörvermögens erfahren, profitieren andere nur in begrenztem Maße von CIs. Folgende Faktoren werden unter anderem als Einflussfaktoren für das gewonnene Hörvermögen betrachtet:
Während Hörgeräte Hörhilfen darstellen, die bei leichter bis mittlerer Schwerhörigkeit zum Einsatz kommen, <br>
werden Cochlea-Implante verwendet, wenn die Versorgung mit Hörgeräten nicht mehr ausreichend ist.


In Frage kommende Berechtigte sind daher vor allem Personen, die
* Implantationsalter
; hochgradig schwerhörig sind,
* Bei Kindern die Beteiligung und Kenntnis über CIs der Eltern
; oder (vollständig) ertaubt
* Die Dauer und Ursache des Hörverlusts
; oder gehörlos sind.
* Die Positionierung des Implantats in der Cochlea
* Der allgemeine Gesundheitszustand des Hörnervs
* Individuelle Fähigkeiten des wieder Erlernens


Es besteht die Möglichkeit sich ein- wie auch beidseitig Implantieren zu lassen.
== Voraussetzungen für ein CI ==
Im Vorfeld des chirurgischen Eingriffs werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt um festzustellen, <br>
Ausnahmen für den Einsatz eines CIs liegen vor, wenn Fehlbildungen der Cochlea, des Hörnervs oder der Hörbahn existieren, die eine elektrische Stimulation ausschließen.
ob eine Indikation für eine Implantation des jeweiligen Ohrs vorliegt.  
Bevor die Entscheidung für ein CI fällt, muss daher geprüft werden, ob sowohl das Innenohr (Cochlea) als auch der Hörnerv vorhanden sind und funktionieren. Der Hörnerv muss in gutem Zustand sein und ordnungsgemäß arbeiten. Andernfalls könnte der Hörnerv keine Signale übertragen, und die Informationen könnten nicht zum Gehirn gelangen, wo sie verarbeitet werden.
Neben den Cochlea-Implantaten gibt es weitere Möglichkeiten wie [[Hirnstamm-Implantate]] oder [[Knochenleitungssysteme]].


;Ab welchen Alter kann eine Implantation erfolgen?<br>
== Wissenswertes ==
Seit den frühen 1980er Jahren wurden über 30 verschiedene Arten von CI entwickelt.<ref name="Welt-Toene" />


Unter tausend Neugeborenen kommen in der Regel ein bis drei Babies mit Hörstörungen zur Welt. Seit 2009 werden in Deutschland alle Neugeborenen auf ihr Hörvermögen hin untersucht (Neugeborenen-Hörscreening). Hierfür können verschiedene Methoden angewendet werden (OAE oder BERA), die nur wenige Minuten dauern und vollkommen schmerzfrei und ungefährlich sind.
Jedes Jahr erhalten in Deutschland ungefähr 5.000 Menschen ein Cochlea-Implantat.<ref name="Lebensqualitaet" />
Die Messungen sind sehr empfindlich und können einen vorhandenen Hörschaden mit hoher Wahrscheinlichkeit aufdecken. Allerdings gibt es auch "positiv falsche" Ergebnisse, das heißt, die Untersuchung zeigt eine Auffälligkeit an, obwohl das Kind gesund ist. Deshalb müssen alle Kinder mit einem auffälligen Screening-Ergebnis in einem spezialisierten pädaudiologischen Zentrum nachuntersucht werden.
Eltern sollten während der Untersuchung möglichst nah bei ihrem Kind sein. Da die Cochlea in Ihrer Größe mit ca. einem halben Jahr "ausgewachsen" ist, kann eine Implantation im Falle einer Indikation auch im ersten Lebensjahr erfolgen.


=== Ablauf der Operation===
[[Zeittafel]] der CI-Sprachprozessoren und Implantate
Die Operation erfolgt in Vollnarkose und dauert ca. zwei bis vier Stunden. <br>
Im Rahmen der Implantation wird zunächst der Schädel des Patienten bzw. der Patientin mit einem Schnitt in der Nähe des jeweiligen Ohres geöffnet. <br>
An einer geeigneten Stelle in der äußeren Schädeldecke wird eine flache Mulde für den später dort liegenden Elektrodenträger gefräst. <br>
Auch der dünne Verbindungsgang zur Cochlea wird angelegt. <br>


Anschließend wird der Elektrodenstrang (je nach Hersteller gibt es eine unterschiedliche Anzahl an Elektroden) so tief platziert, <br>
== Weitere Forschung ==
dass die [[allgemeine Begriffe/Glossar#Elektroden|Elektroden]] die Härchen an Außenwänden der Cochlea berühren.<br>
=== Optisches CI ===
Diese geben die akustischen Signale an den Hörnerv weiter. Während der Implantation wird das Cochlea-Implantat testweise überprüft, <br>
Derzeit werden zwei Methoden der optischen Stimulation untersucht, die Optogenetik und die Infrarot-Neurale Stimulation (INS).<ref name="Optisch-CI" />
ob die (Hör-)Reize weitergeleitet werden. Der Patient bemerkt hiervon jedoch nichts.


=== Risiken ===
=== Vollständig implantierbares CI-System (TICI) ===
Des Weiteren wird auch an einem vollständig implatierbaren CI-System geforscht. Dieses integriert die internen und externen Komponenten eines Cochlea-Implantats in ein System und wird unsichtbar unter die Haut eingesetzt. Die erste Implantation erfolgte 2020.<ref name="TICI" />


Die Risiken einer Cochlea-Implantation unterscheiden sich nicht von denen einer Operation am Mittel- und Innenohr unter Vollnarkose.
== Literatur ==
Eine CI-Operation stellt heute für erfahrene HNO-Chirurgen einen Routineeingriff dar.  
* Wiebke Rötz, Bodo Bertram: ''Cochlea Implantat bei Erwachsenen. Versorgung und Rehabilitation in der Logopädie und Sprachtherapie.'' Springer-Verlag 2022, [[Title=Special:BookSources/9783662652015|ISBN 978-3-662-65201-5]].
Dennoch gibt es einige medizinische wie technische Risiken, die trotz aller Vorsichtsmaßnahmen auftreten können:  
* Sandra DeSaSouza: ''Cochlear Implants.'' Springer Singapore 2022, [[Title=Special:BookSources/9789811904516|ISBN 978-981-19-0451-6]]. (englisch)


{| class="wikitable"
== Weblinks ==
|+ Welche Risiken können auftreten?
* [[Wikipedia:Cochlea-Implantat]]
|-
* [[Wikipedia:Hörschnecke]]
! Gefahren !! Empfohlene Vorsorgemaßnahmen
* ''Meine Hörreise - Der Film! Wenn das Hörgerät nicht mehr ausreicht'', erzählt von Anikke Kurz-Nakath. Erfahrungsbericht via Youtube mit Untertitelung; https://www.youtube.com/watch?v=QxRK8mRKM6g, abgerufen am 2023-12-01
|-
* [[Geschichte des CI]]
| '''Hirnhautentzündung''' || Eine '''Meningitis-Infektion''' kommt sehr selten vor. Es besteht zudem auch die Möglichkeit vor dem Eingriff durch eine Impfung gegen Mengitis (''"Hirnhautentzündung"'') weiter zu reduzieren.<br>
* [https://cochlearimplanthelp.com/cochlear-implant-comparison-chart/ Cochlear Implant Comparison Chart] (Vergleich der verschiedenen Herstellerprodukte als PDF in englischer Sprache), abgerufen am 2023-12-04
|-
* [https://klinikradar.de/cochlea-implantat/kliniken/ Übersicht zu implantierenden Kliniken]
|'''Lähmungen'''|| Das Risiko einer '''Gesichtsnervenlähmung''' ist äußerst gering, seit bei der OP eine intraoperative Überwachung des Gesichtsnervs (Facialis-Monitoring) genutzt wird.
* [https://www.hno.org/zertifizierteCI-vE.html CIVE-zertifizierte Kliniken der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V., Bonn]
|-
| '''Werden bei der Implantation alle Hörreste zuerstört?'''|| Bei stabilen Hörresten kann man heute mit speziellen Elektroden so implantieren, dass sie nach Möglichkeit erhalten bleiben.
|-  
| '''Klangqualität des Cochlea-Implantats'''|| Das Hören mit CI ist für spätertaubte Erwachsene zu Beginn oft fremd. Viele Patienten berichten anfangs von verzerrten Geräuschen oder Stimmen. Doch der Gewöhnungsprozess an das neue Hören beginnt schnell. Das Ziel der anschließenden Anpassungen und der Rehabilitation ist es, ein gutes Hören herzustellen. Bei Kleinkindern spielt dieser Aspekt keine Rolle, da sie in der Regel nur den Klang des Implantates kennen und sich somit nicht umstellen müssen.
|-
| '''Kann das Implantat abgestoßen werden?'''|| Ja, es gibt jedoch weltweit nur extrem wenige Einzelfälle einer Implantat-Abstoßung. Bei Allergikern kann in begründeten Einzelfällen vor der Implantation ein Allergie-Test gegen die verwendeten Materialien gemacht werden.
|-
|'''Werden die Implantate auf ihre Funktionstüchtigkeit vorab überprüft?'''|| Die Gefahr, dass ein '''nicht-funktionierendes Implantat''' eingesetzt wird, ist extrem gering, viel geringer als etwa bei einem Herzschrittmacher. Die Implantate werden vor und auch während der OP sorgfältig getestet. Die OP wird erst abgeschlossen, wenn das Implantat richtig reagiert.
|-
| '''Wie oft muss das Implantat ausgewechselt werden?'''|| Normalerweise kommt eine '''Reimplantation''' sehr selten vor. Generell gilt für die heute verwendeten Implantate, dass die Ausfallquote bei ca. 0,05% im Jahr liegt. Das bedeutet, dass in 10 Jahren ca. 0,5 % der Implantate ausgefallen sind. Man sollte in diesem Zusammenhang auch bedenken, dass bei Kindern nach einer sehr langen Tragedauer von 30 Jahren eine Reimplantation mit einem moderneren Implantat erwünscht sein kann. Eine Reimplantation ist nicht so aufwändig wie eine normale Implantation, da die vorhandenen Strukturen genutzt werden können. 
|}
===Weitere Maßnahmen===
Nach der Operation in einem Klinikum wird eine mehrtägige Heilungsphase empfohlen, um die Wundheilung zu fördern. <br>
Mit Beginn der Erstanpassung (der ersten Inbetriebnahme) des Sprachprozessors, ist frühestens ein "Hören" mit Hile des Implants möglich. <br>


In den seltensten Fällen können Patienten "sofort" "normal" hören. Oftmals schließt sich ein wochen- bis monatelanger Lernprozess an, <br>
== Einzelnachweise ==
der von speziellem Fachpersonal (Audiologen, Technikern und Ärzten) begleitet wird. <br>
<references>
Der Lernprozess ist sehr individuell und kann nicht miteinander verglichen werden, da oftmals viele unterschiedliche Faktoren vorliegen. <br>
<ref name="Cochlear-How">{{Internetquelle|url=https://www.cochlear.com/de/de/home/diagnosis-and-treatment/how-cochlear-solutions-work/cochlear-implants/how-cochlear-implants-work|titel=So funktionieren Cochlea-Implantate, So sorgen Cochlea-Implantate für einen klareren Klang|autor=Cochlear Limited|abruf=2023-12-07}}</ref>
Auch ambulante oder vollstationäre Rehabilitationsmaßnahmen können Bestandteil sein.
<ref name="Zeng_SysDesign">Zeng FG, Rebscher S, Harrison W, Sun X, Feng H. Cochlear implants: system design, integration, and evaluation. IEEE Rev Biomed Eng. 2008;1:115-42. doi: 10.1109/RBME.2008.2008250. Epub 2008 Nov 5. PMID: 19946565; PMCID: PMC2782849.</ref>
<ref name="OP-Erstanpassung">{{Internetquelle|autor=Uniklinikum Würzburg|url=https://www.ukw.de/hno-klinik/schwerpunkte/hoerzentrum-chc/cochlea-implantate-ci/ci-operation-und-erstanpassung/|titel= Cochlea-Implantate: Operation und Erstanpassung|abruf=2023-12-01}}</ref>
<ref name="Statistik">{{Internetquelle|autor=Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag|titel=Aktuelle statistische Daten zu Cochlea-Implantaten|abruf=2024-01-13|url=https://www.bundestag.de/resource/blob/909018/7a57be6e6721ed9c032d73839a698213/WD-9-046-22-pdf-data.pdf}}</ref>
<ref name="Lebensqualitaet">{{Internetquelle|autor=Norddeutscher Rundfunk|url=https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Cochlea-Implantat-Hoerimplantat-verbessert-Lebensqualitaet,cochleaimplantat114.html|titel=Cochlea-Implantat: Hörimplantat verbessert Lebensqualität|abruf=2023-12-01}}</ref>
<ref name="Optisch-CI">{{Internetquelle|autor=Max-Planck-Gesellschaft|url=https://www.mpg.de/19707452/optische-cochlea-implantate|titel=Licht geht ins Ohr|abruf=2023-12-01}}</ref>
<ref name="TICI">{{Internetquelle|autor=LMU Klinikum|url=https://www.med.lmu.de/aktuell/2020/cochlea-implantat/index.html|titel=Erstes vollständig implantierbares Cochlea-Implantat (TICI) in Deutschland eingesetzt|abruf=2024-01-13}}</ref>
<ref name="Welt-Toene">Joachim M. Müller, Franz Schön, Stephan Brill und Jan Helms: ''Rückkehr in die Welt der Töne''; https://www.hoereltern.de/cms/fileadmin/PDF/a/ci_rueckkehr_in_die_welt_der_toene.pdf, Pflegezeitschrift 5/2004, S. 322</ref>
</references>
 
[[Kategorie:Cochlea-Implantat]]
[[Kategorie:Advanced Bionics]]
[[Kategorie:Cochlear]]
[[Kategorie:MED-EL]]
[[Kategorie:Oticon Medical]]

Aktuelle Version vom 25. März 2025, 12:03 Uhr

Das Cochlea-Implantat (CI) ist eine chirurgisch implantierte Neuroprothese, die Menschen mit schwerem Hörverlust dabei unterstützen kann, Schall und Sprache wahrzunehmen, indem der Hörnerv direkt stimuliert wird.[1] Der Begriff wird meist für das gesamte CI-System verwendet, das neben dem eigentlichen Implantat auch den CI-Sprachprozessor beinhaltet.

Typen von CI-Hörsystemen

Es gibt zwei verschiedene Typen von CI-Hörsystemen (meist als CI bezeichnet):

  • Systeme mit HdO-Prozessor: Der Sprachprozessor wird hinter dem Ohr und der separate Überträger seitlich oben am Kopf getragen
  • Single-Unit-Prozessor: Dieser wird frei vom Ohr seitlich oben am Kopf getragen und beinhaltet Prozessor, Überträger, Magnet und Akku in einem Gerät.

Aufbau und Funktionsweise

Grafische Darstellung eines implantierten CI-Systems mit HdO-Prozessor am Kopf
Bild: © MED-EL

Ein CI-Hörsystem besteht aus inneren (implantierten) und äußeren Bestandteilen (außerhalb des Schädels getragen).

Innere Bestandteile (Implantat)

Das Implantat sitzt unter der Kopfhaut und besteht aus folgenden Komponenten:

  • Spule zum Empfangen der Signale vom Sprachprozessor (Empfänger)
  • Magnet
  • Elektronik zum Verarbeiten der Signale
  • Fadenartig aufgebauter Elektrodenträger, der fest in der Hörschnecke (Cochlea) verankert ist

Äußere Bestandteile

  • Mikrofone zur Aufnahme des Schalls
    Diese nehmen den Schall auf und wandeln ihn in elektrische Signale um. Je nach Hersteller unterscheiden sich Anzahl und Anordnung der Mikrofone. Es gibt unter anderem folgende Varianten, die meist auch kombiniert sind:
    • Mikrofon am Überträger
    • Mikrofon(e) auf dem Sprachprozessor
    • Mikrofon in der Ohrmuschel
    Die vorhandenen Mikrofone können in der Regel per Fernsteuerung einzeln zu- und abgeschaltet werden.
  • Sprachprozessor zur Verarbeitung der Schallsignale
    Der Sprachprozessor (SP) analysiert die von den Mikrofonen aufgenommenen Signale (Frequenzanaylse) und verarbeitet sie. Er filtert zum Beispiel auch Hintergrundgeräusche heraus. Er wandelt die elektrischen Signale in digitale Signale um, die der Empfänger im Implantat verstehen kann und leitet sie über die Sendespule an diesen weiter. Es gibt auch eine hybride Variante, diese kombiniert die elektrische Stimulation mit der Hörgeräte-Funktion: EAS (Elektro-Akustische Stimulation).[2]
  • Sendespule zur Übertragung des Signals an das Implantat
    Die Sendespule (auch Überträger genannt) empfängt die Signale vom Sprachprozessor und leitet sie drahtlos durch die Haut an das Implantat weiter. Die Sendespule befindet sich in einer Überträgereinheit (Headpiece, Kopfteil, Spulenträger), die per Magnet am Kopf gehalten wird.
  • Magnet zum Halten des Prozessors am Kopf
    Der Magnet sitzt in der Überträgereinheit (auch Headpiece oder Kopfstück genannt) und hält die Sendespule (beim HdO-Prozessor) bzw. den Single-Unit-Prozessor am Kopf gegenüber dem implantierten Magneten.
  • Kabel zur Verbindung zwischen Sprachprozessor und Sendespule (HdO-Prozessor)
    Bei einem hinter dem Ohr getragenen Sprachprozessor werden die Signale über ein Kabel an die Sendespule in der magnetisch gehaltenen Überträgereinheit geleitet.
  • Stromversorgungseinheit
    Die Stromversorgung des CI-Hörsystems erfolgt über Akkus oder Einwegbatterien. Diese werden beim HdO-Prozessor als Akkueinheit oder in einem Batteriefach an den Sprachprozessor angedockt. Beim Single-Unit-Prozessor ist der Akku meist fest verbaut.
  • Steuerelemente zum Bedienen des Prozessors
    Einige Modelle enthalten Steuerelemente, mit denen die CI-Tragenden Einstellungen wie Lautstärke oder Klangprogramme anpassen können. Diese Steuerelemente befinden sich am Sprachprozessor.
  • Anzeigeelemente
    Anzeige-LEDs befinden sich ebenfalls am Sprachprozessor. Diese zeigen beispielsweise Folgendes an:
    • Bestätigung von Schaltvorgängen (Ein-/Aus, Programmwahl)
    • Niedriger Akku-/Batteriestand

Implantierung

Die Implantierung ist ein chirurgischer Eingriff und wird unter Vollnarkose durchgeführt. Bei der Operation wird der Elektrodenträger in die Hörschnecke eingesetzt und ein elektrischer Stimulator mit Empfangsspule und Magnetverbindung hinter der Ohrmuschel im Schädelknochen platziert.[3]

Anwendungsgebiete

Cochlea-Implantate (CIs) gelten als eine der effektivsten neuralen Prothesen und kommen zum Einsatz, sobald das stärkste auf dem Markt verfügbare Hörgerät beim Patienten keine ausreichende Abhilfe mehr im Hörverständnis erzielen kann. Mit Hilfe von verschiedenen Therapien kann ein Cochlea-Implantat zu einem verbesserten Sprachverständnis sowohl in ruhiger Umgebung als auch in lauter Umgebung führen. Seit den Anfängen der Implantation in den 1970er und 1980er Jahren hat sich das Sprachverständnis über ein Implantat kontinuierlich verbessert. Bis 2023 haben Schätzungen zufolge in Deutschland mehr als 50.000 Menschen mit schwerem bis hochgradigem Hörverlust ein CI erhalten, um einen Teil ihres Hörvermögens wiederherzustellen[4].

Es gibt große Unterschiede in der individuellen Wirksamkeit eines CI-Hörsystems. Während einige Patienten eine deutliche Verbesserung ihres funktionellen Hörvermögens erfahren, profitieren andere nur in begrenztem Maße von CIs. Folgende Faktoren werden unter anderem als Einflussfaktoren für das gewonnene Hörvermögen betrachtet:

  • Implantationsalter
  • Bei Kindern die Beteiligung und Kenntnis über CIs der Eltern
  • Die Dauer und Ursache des Hörverlusts
  • Die Positionierung des Implantats in der Cochlea
  • Der allgemeine Gesundheitszustand des Hörnervs
  • Individuelle Fähigkeiten des wieder Erlernens

Voraussetzungen für ein CI

Ausnahmen für den Einsatz eines CIs liegen vor, wenn Fehlbildungen der Cochlea, des Hörnervs oder der Hörbahn existieren, die eine elektrische Stimulation ausschließen. Bevor die Entscheidung für ein CI fällt, muss daher geprüft werden, ob sowohl das Innenohr (Cochlea) als auch der Hörnerv vorhanden sind und funktionieren. Der Hörnerv muss in gutem Zustand sein und ordnungsgemäß arbeiten. Andernfalls könnte der Hörnerv keine Signale übertragen, und die Informationen könnten nicht zum Gehirn gelangen, wo sie verarbeitet werden.

Wissenswertes

Seit den frühen 1980er Jahren wurden über 30 verschiedene Arten von CI entwickelt.[5]

Jedes Jahr erhalten in Deutschland ungefähr 5.000 Menschen ein Cochlea-Implantat.[6]

Zeittafel der CI-Sprachprozessoren und Implantate

Weitere Forschung

Optisches CI

Derzeit werden zwei Methoden der optischen Stimulation untersucht, die Optogenetik und die Infrarot-Neurale Stimulation (INS).[7]

Vollständig implantierbares CI-System (TICI)

Des Weiteren wird auch an einem vollständig implatierbaren CI-System geforscht. Dieses integriert die internen und externen Komponenten eines Cochlea-Implantats in ein System und wird unsichtbar unter die Haut eingesetzt. Die erste Implantation erfolgte 2020.[8]

Literatur

  • Wiebke Rötz, Bodo Bertram: Cochlea Implantat bei Erwachsenen. Versorgung und Rehabilitation in der Logopädie und Sprachtherapie. Springer-Verlag 2022, ISBN 978-3-662-65201-5.
  • Sandra DeSaSouza: Cochlear Implants. Springer Singapore 2022, ISBN 978-981-19-0451-6. (englisch)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Cochlear Limited: So funktionieren Cochlea-Implantate, So sorgen Cochlea-Implantate für einen klareren Klang; https://www.cochlear.com/de/de/home/diagnosis-and-treatment/how-cochlear-solutions-work/cochlear-implants/how-cochlear-implants-work, letzter Abruf: 2023-12-07
  2. Zeng FG, Rebscher S, Harrison W, Sun X, Feng H. Cochlear implants: system design, integration, and evaluation. IEEE Rev Biomed Eng. 2008;1:115-42. doi: 10.1109/RBME.2008.2008250. Epub 2008 Nov 5. PMID: 19946565; PMCID: PMC2782849.
  3. Uniklinikum Würzburg: Cochlea-Implantate: Operation und Erstanpassung; https://www.ukw.de/hno-klinik/schwerpunkte/hoerzentrum-chc/cochlea-implantate-ci/ci-operation-und-erstanpassung/, letzter Abruf: 2023-12-01
  4. Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag: Aktuelle statistische Daten zu Cochlea-Implantaten; https://www.bundestag.de/resource/blob/909018/7a57be6e6721ed9c032d73839a698213/WD-9-046-22-pdf-data.pdf, letzter Abruf: 2024-01-13
  5. Joachim M. Müller, Franz Schön, Stephan Brill und Jan Helms: Rückkehr in die Welt der Töne; https://www.hoereltern.de/cms/fileadmin/PDF/a/ci_rueckkehr_in_die_welt_der_toene.pdf, Pflegezeitschrift 5/2004, S. 322
  6. Norddeutscher Rundfunk: Cochlea-Implantat: Hörimplantat verbessert Lebensqualität; https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Cochlea-Implantat-Hoerimplantat-verbessert-Lebensqualitaet,cochleaimplantat114.html, letzter Abruf: 2023-12-01
  7. Max-Planck-Gesellschaft: Licht geht ins Ohr; https://www.mpg.de/19707452/optische-cochlea-implantate, letzter Abruf: 2023-12-01
  8. LMU Klinikum: Erstes vollständig implantierbares Cochlea-Implantat (TICI) in Deutschland eingesetzt; https://www.med.lmu.de/aktuell/2020/cochlea-implantat/index.html, letzter Abruf: 2024-01-13