Alarmierung für hörgeschädigte Eltern
Für hörgeschädigte oder gehörlose Eltern stellt sich insbesondere in der Nacht eine besondere Herausforderung: Das eigene Kind zuverlässig zu hören – etwa wenn es schreit oder unruhig wird – ist ohne getragene Hörsysteme nicht möglich. Um in diesen Situationen dennoch sicher alarmiert werden zu können und reagieren zu können, stehen verschiedene technische Hilfsmittel zur Verfügung, die Geräusche in visuelle, taktile oder digitale Signale umwandeln.
Grundprinzipien der Alarmierung
Alarmierungssysteme für hörgeschädigte Eltern basieren auf dem sogenannten Zwei-Sinne-Prinzip [1] : Mindestens zwei unterschiedliche Sinneskanäle – typischerweise Sehen (Licht) und Tasten (Vibration) – werden genutzt, um das fehlende Hören zu kompensieren. Digitale Weiterleitungen an Smartphones oder Smartwatches ermöglichen zusätzlich mobile Benachrichtigungen und die Einbindung in bestehende Smart-Home- oder Lichtsignalanlagen.
Systemarten und technische Lösungen
1. Baby-Signalsender mit Vibrations- und Lichtempfang
Ein speziell entwickelter Baby-Signalsender erkennt das Weinen oder Schreien des Babys und überträgt das Signal per Funk an einen Empfänger, der beispielsweise ein Vibrationskissen, eine Blitzlampe oder beides aktiviert.
Typische Merkmale:
- Geräuscherkennung mit einstellbarer Empfindlichkeit
- Funkreichweite von 50–100 m
- Kompatibilität mit bestehenden Lichtsignalanlagen (z. B. Bellman Visit oder lisa-Systeme)
- Vibrationsgeber für Bett oder Kopfkissen
- Visuelles Feedback durch Blitzlicht
- Bellman & Symfon Visit Baby-Sender
- Humantechnik lisa Baby-Signalgeber mit Vibrationskissen
- Signolux-Empfängerwecker mit Baby-Erweiterung
2. Verwendung von Geräuscherkennungsfunktionen am Smartphone
Moderne Smartphones (iOS/Android) verfügen über integrierte Geräuscherkennungen – eine wertvolle Option für den häuslichen Bereich.
iOS (ab iOS 14/16):
- Vordefinierte Geräuscherkennung für „weinendes Baby“
- Möglichkeit, eigene Geräusche zu trainieren
- Weiterleitung an Apple Watch (Vibration am Handgelenk)
Android (z. B. Google Pixel):
- Geräuschbenachrichtigungen via App „Automatische Transkription“
- Warnung bei Weinen, Türklingel, Alarm, Hupen etc.
- Weiterleitung an kompatible Smartwatches
Hinweis: Die Geräuscherkennung ist keine Medizin- oder Sicherheitslösung und sollte nur unterstützend eingesetzt werden – insbesondere bei lauten Umgebungen oder mehreren Personen im Haushalt kann sie fehl- oder überempfindlich reagieren.
3. Empfängerwecker mit Vibrationssignalempfänger
Ein Vibrationssignalempfänger wird auf das Smartphone gelegt und registriert dessen Vibration (z. B. durch App-Benachrichtigung bei Babyüberwachungs-App). Dieses Signal wird an einen Empfängerwecker weitergeleitet, der wiederum ein Vibrationskissen oder eine Blitzlampe aktiviert.
Systemaufbau:
- Smartphone sendet Vibration (z. B. bei Weinen erkannt durch App)
- Vibrationssensor nimmt Signal auf
- Weiterleitung an Empfängerwecker (z. B. Signolux DS-2) ???
- Taktile oder visuelle Wecksignale werden ausgelöst
4. Babyphones mit Zusatzfunktion für Hörgeschädigte
Neben klassischen akustischen Babyphones gibt es speziell angepasste Modelle mit:
- starker Vibration
- Lichtsignal
- Kameraübertragung (Video)
- Lautstärkeregelung und visuelle Anzeigen
Einige Modelle lassen sich in vorhandene Lichtsignalanlagen einbinden oder senden Push-Benachrichtigungen an Smart-Geräte.
Beispielsysteme:
- Serene Innovations Babyphone
- Amplicall-Systeme
- Eufy Babyphones mit Smartwatch-Kopplung
5. Smarte Systeme mit App-Einbindung
Einige Baby-Überwachungsgeräte (z. B. Owlet Monitor Duo, Miku Pro) bieten:
- Gesundheitsüberwachung (Atmung, Herzfrequenz)
- WLAN-Videoübertragung
- App-Benachrichtigungen bei Abweichungen
- Kombinierbarkeit mit Vibration/Smartwatch
Entwicklung der Alarmierungsforschung
Das Zwei‑Sinne‑Prinzip bildet die Grundlage barrierefreier Alarmierungssysteme: In Deutschland wird es durch Normen wie die DIN 18040 verbindlich verankert [4] – insbesondere bei Alarm- und Warnsignalen, die bei Gefährdung lebenswichtiger Natur sind, müssen mindestens zwei Sinne (z. B. Sehen und Tasten) angesprochen werden .
Empirische Studien (z. B. im Ear and Hearing Journal) zeigen: Reine Lichtsignale wecken Hörgeschädigte selten zuverlässig (ca. 27 %), während Vibrationsalarme mit über 80 % deutlich effektiver sind. Auch wenn diese Werte meist aus internationalen Untersuchungen stammen, illustrieren sie die systematische Weiterentwicklung von optischen zu vibrotaktilen Alarmlösungen im Sinne dieses Prinzips.
Empfehlung: Kombinierte Systeme (z. B. Licht + Vibration oder App + Vibrationskissen) bieten die beste Sicherheit.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ DGUV: Gestaltung im Zwei-Sinne-Prinzip; https://www.dguv.de/barrierefrei/grundlagen/anwendung/ergonomie/zwei-sinne/index.jsp, letzter Abruf: 2025-08-07
- ↑ Bellmann&Symfom: Alarmsysteme fürs Zuhause; https://bellman.com/de/unsere-losungen/visit/#block-4191, letzter Abruf: 2025-08-07
- ↑ Humantechnik: Akustischer Universalsender für das lisa-signolux Signalsystem; https://www.humantechnik.com/produkte/drahtlose-signalanlagen/lisa-signolux-funksystem/universalsender-2, letzter Abruf: 2025-08-07
- ↑ Wikipedia: Zwei-Sinne-Prinzip; https://de.wikipedia.org/wiki/Zwei-Sinne-Prinzip#:~:text=2%20Anwendungsbeispiele-,Definition,auch%20dynamische%2C%20wechselnde%20Informationen%20umfassen., letzter Abruf: 2025-08-07